EU Aktionsplan #Sustainable Finance

Nachdem wir im letzten Beitrag Woche bereits über den Green Deal und das Klimaschutzgesetz berichtet haben, wollen wir diese Woche auf den EU Aktionsplan #Sustainable Finance und dessen Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen eingehen:
 #Sustainable Finance – wie die EU-Kommission ihre Nachhaltigkeitsziele durchsetzt
Bereits im März 2018 verabschiedete die EU-Kommission den „Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums“, der Kreditinstitute, Versicherungen und Vermögensverwalter auf die Ziele verpflichtet,

•    Finanzströme in nachhaltige Aktivitäten umzuleiten,
•    ESG-(Environment Social Governance)-Risikoüberlegungen im Risikomanagement von Unternehmen zu verankern und
•    Transparenz zu fördern.

Dadurch sollen die Finanzinstitute zu einer nachhaltigen Ausgestaltung der Geschäftsstrategie und der Unternehmensführung (Governance) veranlasst werden. Hierzu hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 20. Dezember 2019 ein Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlicht. Zudem hat die Europäische Zentralbank (EZB) in einem Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken die Institute auf die Überprüfung ihrer Geschäfts- und Risikostrategie im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte hingewiesen und entsprechende Erwartungen geäußert. Diese Erwartungen werden nach der Verschärfung des Klimaschutzgesetzes durch den Deutschen Bundestag im Juni 2021 als regulatorische Verpflichtungen ausgestaltet, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Anforderungen an die Geschäftspartner (z.B. mittelständische Kreditnehmer).
Die sich herausbildenden aufsichtsrechtlichen Vorgaben sowie die sich ebenfalls in diese Richtung verändernden Kundenpräferenzen sollen die Finanzinstitute zu einer nachhaltigen Produktstrategie bewegen. Dies bedeutet einerseits, die Produktpalette um ESG-Produkte zu erweitern, zum anderen aber auch bestehende Produkte und Geschäftsprozesse an die neue Strategie anzupassen. Hiervon werden insbesondere die Geschäfts- und Kreditprozesse betroffen sein, aber auch die Risikomanagementsysteme der Finanzinstitute, die künftig Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen müssen. Die Finanzaufsicht und die Abschlussprüfer werden also in Zukunft klimabezogene Risiken berücksichtigen. Die Bankenaufsicht muss in diesem Kontext sicherstellen, dass Nachhaltigkeitsrisiken, inklusive Klimarisiken und Risiken aus dem Übergang in eine nachhaltigere Wirtschaft, von den Instituten in angemessener Weise berücksichtigt werden. Die Kommunikation von ESG-Aspekten im Jahresabschluss der Banken und der Finanzinstitute erfolgt im nicht-finanziellen Teil des Lageberichts (sogenannter CSR-Bericht).
Im Hinblick auf ihre Kunden werden die Finanzinstitute verpflichtet, deren Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung abzufragen und sogenannte “Green Bonds” zu emittieren. Analog erfassen und bewerten die Kreditinstitute im Kreditgeschäft die Aktivitäten der Kreditnehmer in Bezug auf ESG-Kriterien in Form eines Ratings. Daraus erwächst der herausragende Stellenwert der Kommunikation der Unternehmen/Kreditnehmer über entsprechende Aktivitäten (beispielsweise in Gestalt eines Nachhaltigkeitsberichtes).
Nach einer Umfrage der BaFin unter den Banken im Oktober 2021 („Der deutsche Finanzsektor und die Nachhaltigkeitsrisiken: Eine Sachstandserhebung durch die BaFin“) verwenden 15 % der befragten Kreditinstitute extern erstellte ESG-Ratings. Interne ESG-Ratings sind aktuell zwar noch wenig verbreitet, aber von 68 % der befragten Kreditinstitute für die Zukunft beabsichtigt.

„Banken und Sparkassen haben Klima- und Umweltschutz als Megatrend erkannt. Die Zahl der Initiativen in der Finanzbranche ist groß. Druck kommt auch von der Kundschaft“ – Handelsblatt

Der Aktionsplan der EU zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums

Der Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums der EU-Kommission basiert auf den drei Säulen EU-Taxonomie, Investorenpflicht zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien und Referenzwerte für CO2-arme Investitionen.

Die EU-Taxonomie soll ein einheitliches Klassifikationsschema für umweltverträgliche Tätigkeiten vorgeben. Eine Investition wird als umweltverträglich bezeichnet, wenn sie zu einem der folgenden sechs Ziele beiträgt:

•    Klimaschutz
•    Anpassung an den Klimawandel
•    Nachhaltige Wassernutzung
•    Übergang zur Kreislaufwirtschaft
•    Minimierung der Umweltverschmutzung
•    Schutz von Bio-Diversität und Ökosystemen

Dies hat Konsequenzen für die zur nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichteten Finanzinstitute, die großen kapitalmarktorientierten Unternehmen (vergleiche §§ 289b, 315b HGB) und nach Inkrafttreten der CSRD-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive) auch für alle weiteren verpflichteten Unternehmen: Sie müssen ihre als „ökologisch nachhaltig“ anzusehenden Umsatzerlöse, Investitionen und Betriebsausgaben gesondert angeben. Die Angaben sind vom Aufsichtsrat inhaltlich zu prüfen.

Anforderungen des Marktes an kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

Da die großen börsennotierten Unternehmen und die Finanzinstitute bereits heute den EU-Vorschiften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung unterliegen, stellen viele von ihnen schon jetzt höhere Anforderungen im Sinne der Nachhaltigkeit an ihre Lieferanten. In der Folge hat sich eine ganze Reihe von Firmen konstituiert, die ESG-Ratings für Unternehmen erstellen.

Aber auch ohne den Druck von Seiten großer börsennotierter Unternehmen und Finanzinstitute haben viele kleine und mittlere Unternehmen aus eigener Motivation damit begonnen, Nachhaltigkeitsziele in ihre Unternehmensverfassung aufzunehmen und dasselbe auch von ihren Geschäftspartnern einzufordern. Dies zeigt beispielhaft eine Studie vom Oktober 2020 aus Österreich („Nachhaltigkeitsmanagement in österreichischen KMU“, IBES), deren Ergebnisse auch auf Deutschland übertragen werden können. So gaben 75,5 % der Unternehmen an, dass soziales Engagement für sie einen hohen Stellenwert hat, und 62,4 %, dass sie sich zum Schutz der Umwelt verpflichtet haben.

Soziales und ökologisches Engagement kann für Unternehmen durchaus Vorteile bieten. Indem man sich beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt und gegenüber den Endkunden (etwa im Handel) glaubwürdig als „grünes” Unternehmen positioniert, wird man für potentielle Mitarbeiter und Käufer attraktiv und erzielt so einen Wettbewerbsvorteil. So gaben in der zitierten Studie über KMU in Österreich 80,0 % der Unternehmen an, dass sie sich von einem Nachhaltigkeitsmanagement einen Wettbewerbsvorteil durch Imageverbesserung erwarten, und 75,8 %, dass sie als Arbeitgeber attraktiver werden. 69,3 % sehen einen Vorteil in der Produkt- und Dienstleistungsqualität. Kosteneffizienz spielt für die meisten KMU nur eine untergeordnete Rolle.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) brauchen ein umfassendes ESG-Management

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist es auch für KMU dringend geboten, sich mit den ESG-Anforderungen zu befassen und zu überlegen, wie sie CSR in ihrem Geschäftsmodell verankern und Nachhaltigkeitsverpflichtungen als Unternehmensziel festlegen können. Dies beträfe dann auch das Vergütungssystem, insbesondere der Unternehmensführung, in dem nichtfinanzielle Aspekte an Bedeutung gewinnen.
Nach Einschätzung des „Global Risk Report 2022” des Weltwirtschaftsforums liegen die Risiken „fehlende Klimamaßnahmen, Extremwetter“ und „durch den Mensch verursachte Umweltschäden“ sowie der „Verlust an Biodiversität“ als Top 3 an der Spitze der schwerwiegendsten Risiken der nächsten zehn Jahre. Ein Risikomanagementsystem, das diese Risikokategorien nicht berücksichtigt, ist deshalb nicht auf der Höhe der Zeit. Eine Ad-hoc-Behandlung von ESG-Risiken erst dann, wenn sie auftreten, ist keine sinnvolle Strategie.

Die Berichtspflichten der EU-Taxonomie und die Vorgaben bezüglich der ESG-Kriterien treffen zwar zunächst nur die Finanzinstitute. Die Grundlage für deren Berichte bilden jedoch die Kundenangaben der realwirtschaftlichen Unternehmen. Es empfiehlt sich daher zumindest für die davon zukünftig betroffenen mittelständischen Unternehmen (lesen Sie hierzu unseren nächsten Beitrag) rechtzeitig ein innerbetriebliches System zu installieren, um für die Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der für diese Thematik sensiblen Kunden und Mitarbeiter gewappnet zu sein.

Daher braucht es Problembewusstsein beim Management, das die Unternehmen auf diese neuen Anforderungen in Bezug auf ESG-Kriterien sowie die CSR-Berichterstattung einstellt. Für größere Unternehmen (und deren Lieferanten) kommen weitere gesetzliche Vorgaben aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinzu (erfahren Sie mehr in unserem 5. Beitrag).

Im nächsten Beitrag:

Verpflichtungen zu einer #CSR-(Corporate Social Responsibility)-Berichterstattung.

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